Die Freizügigkeit
Die Gewährung der Freizügigkeit ist, meines Erachtens, wesentlich auf die den neuen Städten im Verlauf des dreizehnten Jahrhunderts gegebene, absolute Freiheit zurückzuführen, denn diese war derart verlockend, dass jedenfalls schon gleich nach den ersten Neugründungen eine allgemeine Landflucht der Leibeigenen begann. Wir sehen schon in den Jahren 1236 und 1244 die Gräfin Ermesinde ihre Vorkehrungen treffen, damit weder ihre eigenen Interessen noch die ihrer Vasall en durch diese Landflucht geschädigt würden. Indem sie nämlich den Städten Echternach und Luxemburg die Freiheit gab, tat sie dieses unter der ausdrücklichen Bedingung, dass diese Städte weder ihre Eigenleute noch die ihrer Vasallen als Bürger aufnehmen dürften, ausgenommen, was freilich nicht gesagt ist, diejenigen, die in regelrechter Weise von ihren Herren abgegeben waren; aber, wie sie so für ihr Interesse und dasjenige ihrer Vasallen eintrat, so sorgte sie auch für das Interesse der Städte, indem sie die Aufnahme anderer Leibeigenen als der erwähnten nicht verbot; diese konnten vielmehr aufgenommen werden, nur hatte der Herr, wenn sie nicht mit Recht abgegeben wurden, das Recht, sie innerhalb Jahr und Tag zurückzufordern; geschah dieses nicht, so waren und blieben sie freie Bürger der betreffenden Stadt gemäss dem Prinzip, dass Stadtluft frei mache.Liess sich daher ein Leibeigener, der nach dem Rechte der Freizügigkeit seinen alten Wohnsitz verlassen hatte, in einer freien Gemeinde nieder, so wurde er selbst frei; der frühere Herr hatte sogar nicht einmal ihm gegenüber das Recht der Nachfolge, d. h. das Recht ihn innerhalb Jahr und Tag zurückzufordern, sofern er bei seinem Abzuge all seine Schulden bezahlt hatte und auch sonst allen anderen Verpflichtungen nachgekommen war. Aber der Umstand allein, dass er infolge des Rechtes der Freizügigkeit aus seinem alten Wohnsitze fortzog, machte ihn keineswegs zum freien Mann; das wurde er nur durch die Aufnahme in eine freie Gemeinde; trat er dagegen in eine unfreie Gemeinde ein, so blieb er unfrei und übernahm dem neuen Herrn gegenüber dieselben Verpflichtungen wie die andern Bewohner des Ortes, wenn nicht etwa sein neuer Herr ihm ein grösseres Mass von Freiheiten oder gar die volle Freiheit gab.
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