Die Burgwacht
Die Burghut oder Burgwacht.
Die Burgen werden in erster Linie durch die Burgmannen bewacht, jene Vasallen, die sei es vom Fürsten, sei es von einem anderen Herrn ein sog. Burglehen,fief "castral," erhalten hatten unter der Bedingung, eine bestimmte Zeit auf der Burg die Hut oder Wacht auszuüben. Indessen waren diese Burgmannen in den meisten Herrschaften wenig zahlreich, so dass in den freien Orten alle Bürger, in den unfreien alle Untertanen zur Hut verpflichtet waren. In ruhigen Zeiten (aber wann gab es eine solche vor dem Beginn der ersten französischen Periode, 1684-1698?) war die Verpflichtung nicht schwer, aber in den höchst unruhigen Zeiten vom fünfzehnten bis zum Ende des 17. Jahrhunderts mussten die Leibeigenen häufig in grosser Zahl, wenn nicht alle, die Burg hüten, wofür sie freilich das Recht besassen, sich und ihre Habe in Kriegszeiten in die Burg flüchten zu können. So sind zu Linster, nach dem Weistum von 1552, alle Insassen der Herrschaft Hut und Wacht zu tun schuldig, ohne dass von irgend einer Begrenzung der Pflicht die Rede wäre. Zu Wiltz sind gemäss der Lehnserklärung des Herrn, zunächst alle adlige Vasallen, achtzig bis neunzig an der Zahl, in Fällen von Notdurft ihre Lehen zu bedienen schuldig, mit Ross und Harnisch, demgemäss auch zur Verteidigung der Burg; die übrigen gewöhnlichen Vasallen, etwa 120 an der Zahl, müssen die Hut und Wacht tun, auf ihre Kosten, so oft sie dazu entboten werden, ebenso alle Bürger von Wiltz und endlich alle Untertanen des Landgerichts aus nicht weniger als neunzehn Ortschaften. Hier konnte freilich die Last nicht drückend sein, wenn nicht aussergewöhnliche Gefahren drohen, da die Zahl der Burghüter gewöhnlich eine sehr beschränkte war und die Hutpflichtigen nur einer um den anderen, wenn die Reihe an sie kam, zur Hut verpflichtet waren.
Es mussten aber auch alle Untertanen, was ebenfalls ein Frohndienst war, in Wehr und Waffen erscheinen, einerseits wenn ein neuer Galgen errichtet wurde, und dann, wenn es nötig war, selbst Hand anlegen, anderseits wenn ein Missetäter hingerichtet wurde. Das erstere fand natürlich selten statt, das zweite dagegen, namentlich zur Zeit der Hexenprozesse, um so häufiger, nur wurde diese Pflicht für die von dem Hauptort der Herrschaft entfernt wohnenden Untertanen dadurch gemildert, dass vielfach die Todesurteile direkt nach ausgesprochenem Urteil vollzogen wurden, und daher nicht selten die nötige Zeit fehlte, sie beizubeorderen.
Kriegsdienst, in französischer Sprache "ost et chevauchie." Nicht nur die Vasallen des Fürsten und der Gutsherrn, auch alle ihre leibeigenen Untertanen waren zum Kriegsdienst verpflichtet, und zwar bestand für alle, ohne Beschränkung in Hinsicht des Lebensalters, allgemeine Wehrpflicht für jeden, ob jung oder alt, der überhaupt im Stande war, Waffen in irgend einer Art zu tragen. Handelt es sich dabei um die kleineren Fehden des Herrn, die wohl sämtlich in unmittelbarer Nähe der Herrschaft ausgefochten werden, so dauert der Kriegszug meist nur einen Tag; die Leibeigenen folgen dann ihrem Herrn mit Sonnenschein aus und ein, wie es in den Weistümern heisst, kann aber natürlich auch länger dauern, und in diesem Falle werden die Untertanen auf Kosten des Herrn oder eher noch auf Kosten des Gegners unterhalten.Über die Frage indessen, wie es gehalten werden soll, wenn einer der Untertanen gefangen genommen, verwundet oder getötet wird, geben unsre Weistürner nur höchst selten Andeutungen; wir müssen, um sie einigermassen lösen zu können, auch zu denen der benachbarten Gebiete greifen, die früher zu Luxemburg gehörten oder in naher Verbindung mit ihm standen. Bald kümmert sich der Herr nicht um das Los seiner gefangenen, verwundeten oder gefallenen Leibeigenen; andere Herren, wie die Äbte von Prüm, sind verpflichtet, das Lösegeld für ihre gefangenen Untertanen zu zahlen, die Verwundeten heilen zu lassen und für die Witwen und unmündigen Kinder der gefallenen zu sorgen. Es mussten auch die einzelnen Gemeinden Wagen u. Pferde für den Transport des Gepäckes, des Sturmzeuges und der etwaigen Beute stellen, sowie auf Begehren des Herrn beim Aufbruch ein Stück Rindvieh zur Nahrung, welches der Herr aus der Gemeindeherde wählte oder durch seine Leute auswählen liess, dessen Wert indessen dem Eigentümer durch die Gemeinde bezahlt werden musste.Diese Art von Kriegsdienst bei Gelegenheit der Privatfehden des Herrn verschwand, als seit der Regierung Karls des Fünften (1506-1556) geordnetere Verhältnisse im gesamten Staatswesen eintraten und der Fehdelust der Adligen ein Ende gemacht worden war. Trotzdem blieben nach wie vor alle Untertanen zum Kriegsdienst oder doch wenigstens in gewissen Fällen zur Aufrechthaltung der Ordnung verpflichtet. Bis zum Ende des siebzehnten Jahrhunderts wurden, so oft dem Lande Gefahr drohte, die Herren mit ihren Vasallen, Aftervasallen und Untertanen zum Schutz des Landes herangezogen; gewöhnlich wurde zuvor eine Musterung vorgenommen um festzustellen, einerseits über wieviel Bewaffnete der einzelne Herr verfügen konnte, anderseits wie dieselben bewaffnet waren.